Schlagwort-Archive: Neubau

Bauüberfluss 2019 um ein Viertel gestiegen – rechnerisch 219.500 Wohnungen zu viel gebaut

 

Grafik Bauüberfluss

Der Bauüberfluss ist 2019 um ein Viertel gestiegen: rechnerisch wurden 219.500 Wohnungen zu viel gebaut (nach 173.900 im Vorjahr). Dabei überlagern sich zwei Entwicklungen – zum einen stieg die Einwohnerzahl Deutschlands mit 147.000 so wenig wie seit 2012 nicht mehr. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 2,0 wären daher nur 73.500 zusätzliche Wohnungen erforderlich gewesen. Fertiggestellt wurden 2019 jedoch 293.000 Wohnungen (davon 260.791 im Neubau, der Rest durch Umbau). So ergibt sich ein Bauüberfluss von 219.500 Wohnungen, die rechnerisch zu viel gebaut wurden.

Genau genommen handelt es sich um den Bauüberfluss erster  Stufe, und in einer Weiterlesen

#Bauscham: Klimaschutzgesetze müssen Bauwut bremsen

screenshot

Screenshot der Web-Suche nach #SUVscham und #Flugscham.

Wenn ab dem 20. September „fridays for future“ zu Aktionstagen aufruft und die Bundesregierung über Klimaschutzgesetze verhandelt, dann wird zweifellos wieder vom Fliegen geredet, von SUVs und vom Fleischessen. Das spiegelt sich in Begriffen wie Flugscham, und bei Websuchen findet man auch SUV-Scham und Kreuzfahrtscham. Bisher fehlte allerdings #Bauscham: Niemand sollte stolz darauf sein, gebaut zu haben – wegen des Klimas kann man sich dafür ebenso schämen wie für Autofahren und Fleischessen.

Zum Sündenregister des Bauens zählt:

  • Der Abbau von Sand für die Betonherstellung zerstört die Natur, teilweise verschwinden Strände und ganze Inseln versinken.
  • Um Kies für Beton zu bekommen, werden Wälder abgeholzt, wie zum Beispiel nahe bei München geplant im Planegger Holz und im Forst Kasten.
  • Nicht zuletzt belastet die Betonherstellung das Klima durch die energieaufwändige Zementherstellung: Sie verursacht zwei Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen und acht Prozent der globalen, sagt der WWF in seiner aktuellen Publikation „Klimaschutz in der Beton- und Zementindustrie“ (online verfügbar, pdf öffnet direkt).

Zwar kann man vermeintliche „Energiesparhäuser“ bauen, doch sollte man sich von dieser Bezeichnung nicht verwirren lassen: Energiesparhäuser sparen keine Energie, sie verbrauchen nur weniger Betriebsenergie (vor allem Heizenergie) als andere Häuser. In einer ganzheitlichen Lebenszyklusanalyse ergibt sich daraus aber, dass der größte Energieaufwand und die größte Treibhausgasemission durch das Bauen selbst entsteht, durch die Erstellung von Gebäuden. Darum gilt: Massiver Neubau ist massive Klimazerstörung!

Deswegen ist nicht nur #Bauscham angesagt, sondern Weiterlesen

Gruß an die Gallier in Freiburg und ein Leserbrief in der „Süddeutschen Zeitung“

Ganz Freiburg war für den Bau eines komplett neuen Stadtteils auf den Äckern und Wiesen von Dietenbach, aber Nein: vierzig Prozent stimmten dann doch dafür, die Felder frei zu lassen. Ein Gruß an die wackeren Gallier mit einem Verweis auf die einzige Fraktion, die im Gemeinderat auf Seiten der Kritiker stand, „Freiburg Lebenswert“ (in Fraktionsgemeinschaft mit „Für Freiburg“), die das Ergebnis des Bürgerentscheids konstruktiv kommentierten.

Unter den 39 Stimmbezirken war dann ausgerechnet im Vorzeige-Ökostadtteil Vauban das Ergebnis pro Neubau mit am deutlichsten, so wie insgesamt in den Stimmbezirken mit Grünen-Hochburgen am klarsten für das Bauen gestimmt wurde (Siehe Seite 13 im Berichtsband der Stadt Freiburg) – ähnlich wie bei FDP und Linken, eine erstaunliche Allianz.

Es war aber nicht so, dass „vor allem die AfD gegen das Bauprojekt ist“, wie es vor der Abstimmung in einem ansonsten differenzierten Artikel in der Süddeutschen Zeitung stand, schließlich ist die AfD nicht einmal im Gemeinderat vertreten – und diese unkorrekte Nachricht erboste mich so sehr, dass ich einen Leserbrief schrieb, der, wenn auch Weiterlesen

Sie wollen eine neue Stadt: Neubaupläne in Hamburg Oberbillwerder, im Nordwesten Frankfurts und anderswo vor dem Bürgerentscheid zu Freiburg-Dietenbach

Foto Oberbillwerder

Auf diesen Wiesen in Hamburg Oberbillwerder soll ein kompletter neuer Stadtteil gebaut werden.

Zum dritten Mal seit Erscheinen von „Verbietet das Bauen!“ 2015 komme ich zu einem Vortrag nach Freiburg, doch diesmal ist etwas anders – ging es beim letzten Mal noch um die Rettung des Mooswalds, in einer Veranstaltung mit über hundert aufgebrachten Menschen, von denen über zwanzig ihrem Ärger Luft machten, spielen die aktuellen Neubaupläne in einer anderen Dimension: Ein völlig neuer Stadtteil mit etwa 6.000 Wohnungen für 15.000 Menschen ist geplant. Er gehört zu mehreren aktuellen Planungen auf der „grünen Wiese“ vor den Städten wie Hamburg Oberbillwerder oder Frankfurts Nordwesten (siehe Liste mit den 10 größten Neubauprojekten unten), gigantische Neubaupläne, wie wir sie seit den 1960er und 1970er Jahren nicht erlebt haben. Weiterlesen

Ein Video zu „Schieflagen“: Wohnen, Mieten, Bauen

Eine neue Videoreihe zu gesellschaftlichen Schieflagen startet, und was würde sich besser anbieten, als mit dem Bauen, Wohnen und Mieten zu beginnen – dachten sich die Petra Kelly Stiftung und die Arbeitsgemeinschaft Friedenspädagogik und starteten damit die Reihe auf Youtube. Erfreulicherweise stellen sie  nicht allein die Frage, wie bezahlbarer Wohnraum für alle zu schaffen ist, denn damit landen manche bei der Forderung nach mehr Bauwut, nur mit sozialeren Neubauten. Stattdessen beschäftigt sich der Film ebenso mit den Folgen des Bauens, mit Versiegelung, Zersiedelung und Flächenverbrauch, wozu sich Daniel Fuhrhop äußert. Hier das Video, entstanden in Zusammenarbeit mit MAB Production:

Parallel zum Film entstand ein Podcast mit dem kompletten Gespräch mit mir zu Bauen und Bauwut, regionaler Ungleichheit und Alternativen zum Neubau. Während es im Video fast nur um die Probleme geht, also um das, was schief läuft, dreht sich das Gespräch auch um Lösungen – zu hören auf Soundcloud.

Mehr Filme (und Fotos) des Bauverbot-Blogs in der Kategorie Sehen, oder die Filme direkt auf Youtube. Dranbleiben mit klassischem Newsletter, RSS-Feed (beides rechte Randspalte) oder über Facebook.

Das Gute im Schlechten: 120 Quadratmeter als Obergrenze für Wohnbauförderung

Legolandschaft

Manche Wohnlandschaft im Erdgeschoss eines Eigenheims breitet sich auf 70 oder 80 Quadratmetern aus – soll solches Bauen gefördert werden, oder ist eine Obergrenze für Fördergeld angemessen? Foto: Daniel Fuhrhop.

Nein, natürlich bin ich absolut kein Freund des sogenannten Baukindergeldes, denn die zwei oder mehr Milliarden Euro Fördergeld werden vor allem die Bauwut anheizen – und das Schlimmste: Diese Förderung soll sogar für Bauen in schrumpfenden Gegenden gelten, wo jeder Neubau einen weiteren Leerstand im Ortskern erzeugt. Und doch ergibt sich nun ein begrüßenswertes Detail, weil die große Koalition darüber nachdenkt, das Fördergeld nur bis 120 Quadratmeter Wohnfläche zu zahlen für eine vierköpfige Familie (wie in der Süddeutschen Zeitung hier berichtet und dort kommentiert).

Na klar kommen jetzt absurde Reaktionen von Lobbyisten, aber die Grundidee wäre in meinem Sinne, nämlich Weiterlesen

Hausbau ohne Geld: Ist es wieder so weit?

Postbank Werbung

Neulich prangte in der Postbank Oldenburg eine Werbung , die Hauskauf auch ohne Eigenkapital (!) anbietet. Das passt zum Jubiläum zehn Jahre Finanzkrise 2007, die nicht zuletzt durch unzählige Hauskredite an Leute ohne Geld entstand. Wer sich wundert, dass die einst so seriöse Postbank derart wirbt, der sei daran erinnert, dass sie mittlerweise Weiterlesen

Berichte zu Bauverbot & Vorträgen in Westfalen und der Lausitz, in Schrot & Korn und dem Bodo Straßenmagazin

Pressecollage

In zwei monatlichen Magazinen, drei Tageszeitungen und auf einer Webseite erschienen in den letzten zwei Wochen Berichte zu Bauverbot-Vorträgen oder Interviews mit Daniel Fuhrhop. Um diesen Blog nicht zu überfrachten, stehen alle Links ansonsten auf der Presse-Seite meiner Webseite, wo es auch Termine, Texte und Fotos gibt, aber hier nun der aktuelle Überblick. Beginnen wir mit der jüngsten Meldung in der Lausitzer Rundschau nach einem Vortrag in Cottbus: Ein idealer Ort für eine Diskussion um Nichtbauen, der die Stadt schrumpfte von 140.000 auf 100.000 Einwohnern, wie auch Weiterlesen

Wahrheit beginnt zu zweit: Alfred Wolk

Er verhinderte ein Baugebiet: Alfred Wolk, langjährig im Gemeinderat von Everswinkel bei Münster, diskutierte oft vergeblich mit den Ratskolleginnen und Kollegen über den Sinn neuer Baugebiete in einem Ort, dessen Bevölkerungszahl stagniert. Doch dann sollte ein weiteres Baugebiet im Ortsteil Averskirchen ganz nah an seinem Wohnort entstehen…


Als Download (Klick mit rechter Maustaste, je nach Browser „(Ziel/Link) Speichern unter“):
WB2 Wolk

LINKS
Mehr zum Baugebiet Königskamp auf der Homepage von Alfred Wolk.
Am Beispiel von Everswinkel schrieb Britta Nagel in der Welt am Sonntag über den „Donut-Effekt“.
Weitere Gespräche der Reihe „Wahrheit beginnt zu zweit“ auf diesem Blog in der Kategorie Hören, zum Beispiel zu Zersiedelung mit dem Raumplaner Stefan Siedentop.

Ein Foto vom Tatort: Weiterlesen

Fotos zu „Verbietet das Bauen!“

EZB Frankfurt

Lange hatten der Verlag und ich diskutiert und schließlich doch keine Fotos ins Buch gebracht, was die üblichen Gründe hatte (Umfang, Kosten), aber auch der Phantasie der Leserinnen freien Lauf lassen sollte. Hier nun aber einige Fotos zu verschiedenen Themen und Beispielen des Buches Verbietet das Bauen!, aus aktuellem Anlass – auf meiner Webseite gibt es ab sofort mehrere Seiten mit einer Auswahl meiner Fotos, die nach und nach erweitert wird.
Zum Auftakt also Fotos rund um das Bauverbot-Buch, darunter skandalträchtige Neubauten wie die oben abgebildete Europäische Zentralbank (Kosten 1,3 Miliarden Euro, siehe Tabelle Seite 14), sowie der nochmal deutlich teurere Weiterlesen

Rückblick auf Stuttgarter Bauverbot-Diskussion

Bild Diskussionsteilnehmer

Im Gespräch (v. li.): Detlef Kron (Stadt Stuttgart), Frank-Peter Unterreiner (Immobilienbrief Stuttgart), Daniel Fuhrhop, Moderatorin Insa Lüdtke, Helmuth Caesar (SWSG), Architektin Ute Michaelsen, Thomas Kiwitt (Verband Region Stuttgart), Evmarie Zell (Kubus 360). – Foto: 360Akademie/Enders.

Es war nicht jeder der Architekten und Planer einverstanden mit den Bauverbot-Thesen, und die Wohnungswirtschaft ebensowenig – soviel in Kürze zur Diskussion bei der 360Akademie in Stuttgart; ausführlicher der Rückblick von Insa Lüdtke jetzt im Magazin Treffpunkt Kommune.

Neubau entwertet Sanierungen

Immobilien Zeitung Collage

Es ist kaum verlässlich zu sagen, wie hoch die Sanierungsquote in Deutschland ist, und ebenso knifflig sind korrekte Zahlen für Energieausweise – mit diesen Themen beschäftigten sich mehrere Artikel in der Immobilien Zeitung der ersten Februarwoche. Am Rande wurde erwähnt, dass die Energie zur Erstellung aller Neubauten, also zum Bauen selbst, in Berechnungen des Bundesbauministeriums gar nicht auftaucht. Effizienz wird erforscht, Suffizienz vernachlässigt – zu diesen Fragen erschien nun von mir unter dem Titel „Neubau entwertet Sanierungen“ ein Kommentar in der Immobilien Zeitung .

Überblick weiterer Texte von mir auf meiner Webseite.
Auf diesem Blog gibt es zum Thema Suffizienz zwei Berichte von Tagungen, und zwar unter dem Titel Weniger zum db-Suffizienzkongress, sowie zur Veranstaltung Mehr… durch weniger der Architektenkammer Rheinland-pfalz . Zu Suffizienzpolitik finden Sie eine Besprechung des Buches Damit gutes Leben einfacher wird von Angelika Zahrnt und Uwe Schneidewind.
Im Buch „Verbietet das Bauen!“ geht es in Kapitel 2 um scheinbar ökologisches Bauen, Kapitel 6 zeigt beispielhaft eine ganzheitliche Energiebilanz von Sanierung vs. Neubau, und Kapitel 9 widmet sich dem Umbauen – mehr dazu hier.

Neubau heute: Stuttgart Europaviertel und Milaneo-Center

Stuttgart Europaviertel

Nach einem Vortrag bei der 360Akademie in Stuttgart blieb am folgenden Tag etwas Zeit zum Fotografieren, wobei es ungerecht sein mag, das Europaviertel neben dem Hauptbahnhof bei bedecktem Himmel zu fotografieren – andererseits passt das erschreckend gut zur Architektur. Oben die Ansicht des ECE-Shopping-Centers Milaneo von der Bahn aus, das folgende Foto zeigt den Auftakt am LBBW-Bau direkt neben dem Bahnhof – durch diese Passage kommt Weiterlesen

XXXL-Bauwut, zum Beispiel in Gera

Tisch

Da freuen sich alle um die Wette: Endlich soll man auch in Gera Möbel einkaufen können, auf insgesamt 36.000 neu zu bauenden Möbelmarkt-Quadratmetern in einem XXXL-Lutz und einem Mömax. Auf dem Foto in der Ostthüringer Zeitung sieht man die Bürgermeisterin Viola Hahn mit dem Expansionsleiter der XXXL-Gruppe und anderen freudig in die Kamera schauen, und da will auch die Zeitung selbst nicht zurückstehen und kommentiert, dass es nun gute Aussichten für Gera gebe. Schließlich wolle die XXXL-Gruppe über sechzig Millionen Euro investieren und über 200 Mitarbeiter beschäftigen, auf einem ehemaligen Kasernengrundstück nahe der Autobahnausfahrt Gera-Langenberg. Upps. Wer diese Zeilen liest und Gera kennt, wird nun aufhorchen. Einen Möbelmarkt nahe der Autobahnausfahrt Gera-Langenberg gibt es nämlich schon. Es geht um Möbel Rieger mit über 32.000 Quadratmetern, auf denen 150 Menschen arbeiten, wie zum Beispiel beim Besuch eines früheren Bürgermeisters zu lesen war. Was wohl aus diesen 150 Arbeitsplätzen wird, wenn einer der weltgrößten Möbelhändler gleich nebenan ein konkurrierendes Haus baut? Und was aus den Arbeitsplätzen in allen anderen Möbelläden in Gera wird, wenn hier ein XXXL-Möbelangebot dazukommt?
Nun soll die Politik natürlich nicht den einen Möbelhändler vor unliebsamer Konkurrenz des anderen schützen, doch sie soll durchaus Weiterlesen

Teures „Sparen“ beim Prestigeprojekt

Neue Messehalle Oldenburg

Die neue Halle der Weser-Ems-Messe in Oldenburg mag man schick finden, aber Geld spart sie nicht.

„Wenn sich ein guter Freund von Ihnen für 30.000 Euro ein nagelneues Auto kauft und behauptet, dabei spare er sogar Geld, weil der neue Wagen im Jahr 300 Euro weniger koste, dann schmunzeln Sie vielleicht nachsichtig, denn das Auto wird wohl kaum hundert Jahre halten.“ So beginnt 2011 ein Artikel von mir über den geplanten Neubau einer Messehalle in Oldenburg, auf den der Text diese Zahlen dann überträgt – aber um den Faktor 1.000 höher, denn über 30 Millionen Euro kostete die Halle dann tatsächlich, und im Gegenzug sollte der städtische Zuschuss um mehr als 300.000 Euro im Jahr sinken…
… aber: Überraschung, während der Prestigebau steht, klappte es mit dem Sparen doch nicht. Die heutige Nord-West-Zeitung berichtet stattdessen, dass 2015 sogar knapp eine Million mehr als geplant an die Messegesellschaft fließen sollen. Deren Geschäft wäre ohne hohe Zuschüsse ohnehin undenkbar, denn Weiterlesen

Gefährdetes Grün in großen Städten: Als ideeller Nachbar im Frankfurter Nordend bei Telefon Trottoir

Screen Telefon Trottoir auf vimeo

Screenshot aus Vimeo aus dem Film von „Telefon Trottoir“ in der Reihe „Nachbarn“.

Das engagierte Team von „Telefon Trottoir“ aus Frankfurt zeigt eigentlich nur Nachbarn aus dem Frankfurter Nordend, aber in ihrem aktuellen Film durfte ich zu Gast sein, um unter anderem über die bedrohte grüne Lunge am Günthersburgpark zu sprechen.

Den Film kann man auf vimeo sehen.
Hier geht es zur Webseite von Telefon Trottoir.

Der Leserbrief, den das Deutsche Architektenblatt seinen Lesern vorenthalten will

Cover Deutsches Architektenblatt und "Verbietet das Bauen!"

Auf zwei Seiten hat das Deutsche Architektenblatt sich in der Mai-Ausgabe 2016 mit Pro und Contra mit meinem Buch „Verbietet das Bauen!“ beschäftigt, und das ist durchaus ehrenwert. Leider aber weigert sich das Magazin, meine Reaktion als Autor auf die geäußerte Kritik abzudrucken – hier ist sie:

Dass mein Buch „Verbietet das Bauen!“ Widerspruch weckt, überrascht nicht. Doch es verwundern die Contra-Argumente im Deutschen Architektenblatt: So heißt es sinngemäß, eine Bauverbot-Forderung sei egoistisch und nur im Sinne derjenigen, die bereits gut wohnten. Unzweifelhaft suchen viele Menschen Wohnungen, aber ist Neubau dafür die Lösung? Wenn es so wäre, dann hätten wir das Problem bereits gelöst, denn in den letzten zwanzig Jahren stieg die Zahl der Wohnungen um etwa sechs Millionen, obwohl die Einwohnerzahl sich kaum veränderte – aber trotzdem suchen vielerorts Menschen nach Wohnungen. Sollen wir nun etwa die nächsten sechs Millionen Wohnungen bauen, nur um wieder festzustellen, dass es nicht genug ist? Denken wir lieber darüber nach, was die Gründe für den Mangel sind, diskutieren über die Art und Weise unseres Wohnens und darüber, in welchen Städten wir leben möchten.

Denken wir zum Beispiel darüber nach, wie wir Weiterlesen

Kein Neubau ist besser als das Französische Viertel Tübingen

Foto Französisches Viertel.

Unten Ladenlokale (zum Beispiel vorn rechts ein kleiner Gewerbebetrieb), oben Wohnungen, und am Straßenrand keine Autos: eine typische Straße im Französischen Viertel Tübingen.

„Wenn Neubau überall so aussähe wie im Französischen Viertel“, beginnt ein Satz auf Seite 52 des Buches Verbietet das Bauen!, und ganz ähnlich zitiert mich der Reutlinger General-Anzeiger in seinem Beitrag zu meinem Vortrag in Tübingen. Soweit ist das völlig korrekt, und auch ein weiteres Zitat meines Vortrags trifft zu, dass nämlich der Städtebau im Französischen Viertel „meilenweit besser als das, was sonst überall entsteht“ ist. Entscheidend ist aber, wie der einleitende Satz weitergeht – und da muss ich dem Reutlinger General-Anzeiger widersprechen, der mich so interpretiert, dass ich bereit sei, für Tübingen „eine Ausnahme zu machen“. Zwar sehe ich die Vorteile des Französischen Viertels, wo tatsächlich nicht nur eine reine öde Wohnsiedlung entstanden ist (oder ein Büroviertel), sondern ein Stück Stadt, wie bereits im Blog hier beschrieben. Aber bezüglich zweierlei Aspekten habe ich dann auch vor Ort bei meinem Vortrag doch Kritik geübt.

Zum einen ist leider selbst in Tübingen kein Neubau besser als das Französische Viertel, weil Weiterlesen

Milliarden für Neubau und das Grundgesetz ändern

Neubau Beispiel

Weil viele Flüchtlinge kommen, lässt sich derzeit schier endlose Förderung von Neubau durchsetzen. Im Bundestag wird nun das Gesetz für eine Sonder-Abschreibung behandelt, mit deren Hilfe Investoren in den ersten drei Jahren 35 Prozent absetzen können (statt sonst 6). Sonder-Abschreibung, erinnern wir uns da nicht an etwas? In der Tat, es gab sie bereits in den 1990er Jahren, um nach der Wiedervereinigung Investoren in die neuen Länder zu locken. Das hat auch geklappt, denn es wurde gebaut wie lange vorher und nachher nicht. Nur leider viel Unsinn, denn die hohen Abschreibungen lockten alle möglichen Anleger, die wenig bis gar nicht darauf achteten, was mit ihrem Geld gebaut wird – und so entstanden Wohnungen in Gegenden, aus denen die Menschen wegzogen. Zwanzig Jahre später scheint das vergessen, obwohl es lohnt, nochmal kurz Weiterlesen

Bauwut in Hamburg: Roter Stein und grüne Wiese

Elbphilharmonie Hamburg

Ein Text aus Anlass von zwei Veranstaltungen in Hamburg am 19.01. und 15.02. (siehe unten).

Man kann auch Gutes an Hamburgs Neubauten finden. Man kann sich zum Beispiel darüber freuen, dass ein renommiertes Architekturbüro eine neue Philharmonie entworfen hat, die schon Jahre vor ihrer Eröffnung zum neuen Wahrzeichen der Stadt wurde. Und man kann die handstreichartige Übernahme großer Flächen an der Elbe durch die Stadt bewundern, auf denen nun die HafenCity entsteht. Und dort gibt es einige architektonisch gelungene Bauten, in einer gewissen Mischung von Arbeiten, Einkaufen und Wohnen, und so kommt der Autor Til Briegleb in der Süddeutschen Zeitung zum Urteil, die HafenCity sei „eine urbane Erfolgsgeschichte – jedenfalls im Vergleich zu den allermeisten Stadterweiterungen aktuell in Deutschland.“ So gesehen hat er leider Recht: Anderswo ist es noch schlimmer, es entstehen „Klötzchensammlungen“ und „einfallslos gestaltete Schlafstädte“, wie Briegleb schreibt. Aber das macht die HafenCity noch lange nicht zum Vorbild, sondern sie bleibt Weiterlesen

Flüchtlinge brauchen keinen Neubau

Cover Zeit

Blick auf die Ausgabe der ZEIT vom 10. Dezember mit dem Artikel, um den es im Folgenden geht.

Ein Begleitwort zu meinem aktuellen Beitrag in der ZEIT.

Im Frühjahr gingen zwischen dem Verlag und mir die letzten Änderungen für das Buch „Verbietet das Bauen!“ hin und her, Ende August 2015 ist es erschienen – und seitdem werden nahezu im Wochentakt die Fragen häufiger, ob die Thesen auch angesichts des Zuzugs der Flüchtlinge Bestand haben. Dass so viele Menschen jetzt nach Deutschland kommen, hat natürlich auch mich überrascht, und so geht es mir wie wohl allen Fachleuten in den Kommunen, in Politik und Verwaltung, in der Immobilienbranche und rund um Architektur, Bauen und Stadtplanung: Ich frage mich, wie wir die Flüchtlinge schnell und gut unterbringen können. Müssen wir dafür nun schnell, viel und billig neu bauen? Reichen die Reserven in den Altbauten? Wie groß sind diese Platzreserven überhaupt? In einem Beitrag in der ZEIT vom 10.12. suche ich nach Antworten auf diese Fragen und schildere die aktuellen Entwicklungen in der Diskussion um Bauen und Nichtbauen, Abriss und Leerstand. Eines sei vorab gesagt: Die Frage der Flüchtlinge Weiterlesen

Bauwut in Saarbrücken

Hochschule für Musik Saar

Zurück von einer Fahrt zum Saarländischen Rundfunk und einem Gespräch über „Verbietet das Bauen!“ in der Reihe „Fragen an den Autor“ auf SR2, hier zu hören. Ergänzend hier einige Bilder aus Saarbrücken – oben die zu Beginn des Gespräches erwähnte Hochschule für Musik mit ihrem eleganten Bauteil aus den 1970er Jahren. Im 1980er-Jahre Bauteil (oben nicht zu sehen) blättert der Lack, aber gegenüber soll nun für 39 statt 9 Millionen Euro (wie ursprünglich geplant) das Saarlandmuseum erweitert werden. Es handelt sich um eine der berüchtigtesten Bauruinen bundesweit, seit einigen Jahren ruhen die Bauarbeiten, bald soll es wieder losgehen. Derzeit aber sieht es nach Rohbau aus: Weiterlesen

Gemeinschaftliches im Wohnprojekt „Sargfabrik“

Eingang Wohnprojekt Sargfabrik

Sofort nach dem Eintritt in das Wohnprojekt Sargfabrik sieht man, wie im Innenhof die privaten Bereiche des Erdgeschosses in die öffentlichen Wege übergehen.

Aus dem Gepäck meiner Frühjahrs-Fahrt nach Wien hier einige Fotos vom Wohnprojekt „Sargfabrik“, das auf dem Gelände der ehemals größten habsburgischen Sargfabrik entstand. Wenn damit auf dem Blog ein Neubau vorgestellt wird, den auch das Buch „Verbietet das Bauen!“ erwähnt, dann wegen der vorbildlichen Gemeinschaftsflächen: Wenn wir lernen, anders miteinander zu wohnen und mehr Räume zu teilen, dann verbrauchen wir weniger Fläche pro Person – so mindern wir mit dem Bedarf an Wohnfläche letztlich auch den Neubau. Was genau hierbei geteilt wird, davon geben die zehn Bilder einen Eindruck. Eigentlich handelt es sich bei der Sargfabrik und dem Nebenprojekt Miss Sargfabrik nicht nur um ein Weiterlesen

Glückwunsch nach Würzburg!

Screenshot Stadt Würzburg.

Screenshot des Ergebnisses von der Webseite der Stadt Würzburg.

Die Wahlbeteiligung war niedrig, die zur Abstimmung gestellten Fragen verwirrend, aber das Ergebnis erfreulich: die Mozartschule (MOZ) Würzburg soll nach dem Willen von rund zehntausend abstimmenden Würzburgerinnen und Würzburgern erhalten bleiben, und nicht einem Baukomplex mit 4.500 Quadratmetern Verkaufsfläche plus Hotels und mehr weichen. Die Details stehen hier (der Vorbericht auf diesem Blog hier) – Glückwunsch an das standhafte Würzburg!

Neubau in Griechenland

Screenshot Kulturzentrum Stavros Niarchos Foundation

Screenshot der Webseite zum neuen Kulturzentrum der Stavros Niarchos Stiftung in Athen.

Das Folgende ist kein Text des „Postillon“,  weil er zu absurde Fakten widergibt, als dass man sie bei einer Satire glauben würde. Auf diesem Blog wurde schon der eine oder andere Prestigebau vorgestellt, aber dass derzeit ausgerechnet in Griechenland ein Musterbeispiel dafür entsteht, hätte ich nicht gedacht – bis zu einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom vergangenen Freitag: Ein Bericht über das Kulturzentrum der Stavros Niarchos Stiftung, das derzeit in Athen gebaut wird; für 566 Millionen Euro, nach Entwurf des Stararchitekten Renzo Piano. Es handelt sich um ein neues Kulturzentrum, unter anderem für die Nationaloper und die Nationalbibliothek (die bislang scheinbar Weiterlesen

Hauspreisbremse

In nur vier Minuten geht es um drei aktuelle Nachrichten zu Bauwut, Kreditschwemme und Gerechtigkeit – um die Zinswende für langfristige Baukredite, um eine Studie zur globalen Hauspreisentwicklung und um die Forderung nach einer Kreditsteuer.


Quellen
Katharina Knoll, Moritz Schularick, Thomas Steger: No price like home: Global house prices, 1870-2012;  Discussion Paper No. 10166. Download hier möglich.
Thomas Fricke: Bremst den Hauspreis! Süddeutsche Zeitung 12. Juni 2015
Reiner Braun: Wir brauchen eine „Billigzinsbremse“! empirica paper Nr.222 (hier direkt zum pdf)

Belohnen Sie die kreative Arbeit auf diesen Wegen. Danke!

Neubau in der Schrumpfregion

Wohnungesneubau Bild

Neue Wohnungen im Bau, wenn auch nicht im Landkreis Spree-Neiße, von dem der Text handelt.

„Keine andere Stadt in Brandenburg schrumpft so stark wie Guben“, schrieb vor einigen Wochen die Berliner Zeitung. Von einst 38.000 Einwohnern blieb nicht einmal die Hälfte, aktuell sind es 17.500 – und die Zahlen sinken weiter. Diese rasante Schrumpfung bildet den Anlass, einmal nachzuschauen, ob denn wenigstens dort nicht mehr neu gebaut wird. Die Suche beginnt in einem Immobilien-Portal und scheint auf den ersten Blick viele Treffer zu geben: Einfamilien-Häuser mit 140 oder 180 Quadratmetern, die man in einer „Frühlingsaktion“ erwerben könne. Doch ein Anruf beim Anbieter ergibt, dass die schönen Bilder nur Platzhalter sind, damit man so ein Haus bauen lässt. In den vergangenen Jahren habe man in der Tat Einfamilienhäuser in und um Guben errichtet, nur leider aktuell nicht. Fehlanzeige also, doch zwei Telefonate weiter verweist ein Makler auf einen aktuellen Wohnungs-Neubau mitten Weiterlesen

Bergisches Center-Dreieck

Wuppertal Döppersberg im Umbau

Alles gesperrt und alles im Bau am Wuppertaler Döppersberg neben der gleichnamigen Schwebebahn-Station (links) und dem Hauptbahnhof.

Wollte man ein Lehrstück darüber schreiben, was schief läuft in unseren Städten, dann bräuchten wir erstmal ein skandalös teures Bauprojekt, am besten in einer hoch verschuldeten Stadt. Deren Politiker würden dann privaten Investoren den zentralsten öffentlichen Platz verkaufen. Dort entstünden schließlich große Modeläden, die ihre Gewinne nach Irland oder Luxemburg verschieben. Die Opfer in unserem Lehrstück: Bürger und Steuerzahler. Kleine Händler, die von der Konkurrenz erdrückt werden. Die ganze Stadt, und die Nachbarstadt – die man aber nicht zu sehr bemitleiden sollte, weil sie sich genauso verkauft.

Das mag bösartig klingen, doch die Wirklichkeit ist noch bösartiger: Ausgerechnet Wuppertal, bekannt durch Schulden von fast zwei Milliarden Euro, baut das Stadtzentrum am Hauptbahnhof um und rechnet inzwischen Weiterlesen

„Neubau ist nicht die Lösung“

Bilder Flyer vom Kottbusser Tor

Mitbringsel von „Kotti und Co“, der Mieterinitiative am Kottbusser Tor. Auf der Rückseite eines Flyers vom „Südblock“ ist der Text gegen Neubau abgedruckt, den dieser Beitrag vorstellt.

Kein Zufall, aber doch überraschend: Im Umfeld engagierter Mieter am Kottbusser Tor in Berlin stieß ich auf einen lesenswerten Text von Sigmar Gude, der sich gegen die oft gehörte Floskel wendet, man müsse nur viel neu bauen, dann sänken eines Tages auch die Mieten. Mit diesem Argument wurde schon beim Bürgerentscheid zum Tempelhofer Feld versucht, Neubau durchzusetzen. Warum aber der Bau neuer Häuser nicht unbedingt dazu führt, dass Mieten in alten Häusern sinken, erklärt Sigmar Gude damit, dass Weiterlesen

Konzerthaus-Koller in München

Foto Elbphilharmonie

So eine prominente Kostenexplosion wie die Hamburger Elbphilharmonie hat München bislang nicht zu bieten – aber das kann sich ändern.

Während viele Leute zustimmen, wenn es gegen neue Möbelmärkte oder Shopping-Center geht, vergessen selbst intelligente Menschen zeitweilig das Denken und verfallen in kollektive Hysterie, wenn die Hochkultur betroffen ist: Ein Konzerthaus für München! Und bitteschön keinen Neubau im Gewand des Gasteig-Kulturzentrums, wie er nun geplant ist, sondern einen eigenständigen Neubau! Das fordern gleich reihenweise Autoren der Süddeutschen Zeitung, aber auch Ursula Baus in frei04 oder Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung. Dabei sind sich viele Experten in der Analyse der aktuellen Pläne einig: Beispielhaft schilderte Gottfried Knapp in der Süddeutschen Zeitung, dass die Philharmonie im Gasteig eigentlich exzellenten Bauten wie Scharouns Berliner Philharmonie ähnelt, weil hier wie dort die Anordnung der Publikumsränge an Weinberge erinnert. Nur leider Weiterlesen