Ein Begleitwort zu meinem aktuellen Beitrag in der ZEIT.
Im Frühjahr gingen zwischen dem Verlag und mir die letzten Änderungen für das Buch „Verbietet das Bauen!“ hin und her, Ende August 2015 ist es erschienen – und seitdem werden nahezu im Wochentakt die Fragen häufiger, ob die Thesen auch angesichts des Zuzugs der Flüchtlinge Bestand haben. Dass so viele Menschen jetzt nach Deutschland kommen, hat natürlich auch mich überrascht, und so geht es mir wie wohl allen Fachleuten in den Kommunen, in Politik und Verwaltung, in der Immobilienbranche und rund um Architektur, Bauen und Stadtplanung: Ich frage mich, wie wir die Flüchtlinge schnell und gut unterbringen können. Müssen wir dafür nun schnell, viel und billig neu bauen? Reichen die Reserven in den Altbauten? Wie groß sind diese Platzreserven überhaupt? In einem Beitrag in der ZEIT vom 10.12. suche ich nach Antworten auf diese Fragen und schildere die aktuellen Entwicklungen in der Diskussion um Bauen und Nichtbauen, Abriss und Leerstand. Eines sei vorab gesagt: Die Frage der Flüchtlinge berührt nahezu jedes Kapitel des Buches „Verbietet das Bauen!“ Das gilt sowohl für die ersten drei Kapitel, die Argumente gegen Neubau bringen und gegen die penetrant wiederholten Forderungen, noch mehr zu bauen. Leider wirken einige Wortmeldungen derzeit so, als wollten Lobbyisten die Situation nutzen, damit jetzt endlich mehr, schneller und billiger gebaut wird. Nicht jeder wird dies mit böser Absicht fordern, sondern mancher ist wohl der Ansicht, es ginge nicht anders. Darum ist es mir umgekehrt wichtig, deutlich zu sagen, dass auch meine Überlegungen in erster Linie dem Ziel dienen, wie wir Flüchtlinge gut und schnell unterbringen – und zu zeigen, inwiefern das in vorhandenen Bauten ginge.
Eine Werkzeugliste, um Platz zu schaffen
Der Großteil von „Verbietet das Bauen!“ widmet sich der Frage, wie wir ohne Neubau klarkommen, wie wir Platz schaffen können und unsere Wohnungen, Büros und Häuser besser nutzen. All das ist jetzt aktueller denn je. Die Liste der „50 Werkzeuge, die Neubau überflüssig machen“, die sich für schnelle Leser am Ende des Buches befindet und die Inhalte vieler Kapitel zusammenfasst, ist nun erst recht sinnvoll und nützlich. Auch wenn der Hintergrund dramatisch ist, so kann es dennoch erfreuen, dass manches endlich angepackt wird: Mit ungeahnter Entschlossenheit bekämpfen Kommunen nun Leerstand. Vielerorts wurde ursprünglich geplanter Abriss abgesagt, um stattdessen Raum für Flüchtlinge zu schaffen. Und die Frage, auf welche Weise wir zusammenwohnen, wie wir zum Beispiel Untermiete und Einliegerwohnungen fördern können, ist jetzt noch folgenreicher.
Wie und wieviel wir jetzt bauen oder nicht bauen, entscheidet mit darüber, wie unsere Städte in Zukunft aussehen. Schon bevor die Flüchtlinge kamen, bauten wir jedes Jahr bei gleicher Einwohnerzahl 250.000 Wohnungen, also quasi eine Stadt wie Bonn völlig neu. Sollen wir so weitermachen und noch „mehr vom Gleichen“? Oder nehmen wir das zum Anlass umzudenken? Die Diskussion läuft – Niklas Maak stellte in der FAZ die Frage, wie wir leben werden, und sieht die Stunde der Architekten gekommen. Laura Weißmüller titelt in der Süddeutschen Zeitung bezüglich der Art zukünftigen Bauens „Gemeinschaft oder Ghetto“ und verweist auf gemeinschaftliche Wohnformen. In einem Interview in der ZEIT kritisiert der Soziologie Jürgen Friederichs geplante Großsiedlungen für Flüchtlinge und sagt, wir wissen, dass es falsch ist. Meinen Argumenten im aktuellen ZEIT-Beitrag ist wohl Dankwart Guratzsch am Nächsten, der in der Welt die neuen Pläne für Siedlungen auf der grünen Wiese kritisiert, der schon zuvor Abriss anprangerte und sagte, es stehen genug Wohnungen für Flüchtlinge leer. In meinem ZEIT-Artikel geht es auch darum, wo sich diese Wohnungen befinden, und ob der Zustrom der Flüchtlinge eine Chance bedeuten kann, um manchen Ort neu zu beleben. Wo und wie Menschen leben wollen hat viel damit zu tun, welche Angebote wir für sie schaffen.
In wenigen Tagen erscheint auf diesem Blog als Fortsetzung ein Text dazu, wie wir Platz für Flüchtlinge schaffen – durch Zusammenrücken, Zusammenziehen, Umziehen. Bleiben Sie dran und folgen über Facebook, mit RSS-Feed oder klassischem Newsletter (siehe rechte Seitenspalte).
Mehr Informationen zum Buch „Verbietet das Bauen!“ gibt es hier oder beim Verlag.