Neubau in der Schrumpfregion

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Neue Wohnungen im Bau, wenn auch nicht im Landkreis Spree-Neiße, von dem der Text handelt.

„Keine andere Stadt in Brandenburg schrumpft so stark wie Guben“, schrieb vor einigen Wochen die Berliner Zeitung. Von einst 38.000 Einwohnern blieb nicht einmal die Hälfte, aktuell sind es 17.500 – und die Zahlen sinken weiter. Diese rasante Schrumpfung bildet den Anlass, einmal nachzuschauen, ob denn wenigstens dort nicht mehr neu gebaut wird. Die Suche beginnt in einem Immobilien-Portal und scheint auf den ersten Blick viele Treffer zu geben: Einfamilien-Häuser mit 140 oder 180 Quadratmetern, die man in einer „Frühlingsaktion“ erwerben könne. Doch ein Anruf beim Anbieter ergibt, dass die schönen Bilder nur Platzhalter sind, damit man so ein Haus bauen lässt. In den vergangenen Jahren habe man in der Tat Einfamilienhäuser in und um Guben errichtet, nur leider aktuell nicht. Fehlanzeige also, doch zwei Telefonate weiter verweist ein Makler auf einen aktuellen Wohnungs-Neubau mitten in Guben.

Die Gubener Wohnungsbaugenossenschaft GWG besitzt 2.500 Wohnungen, von denen aktuell 185 leerstehen, also gut sieben Prozent. Dennoch baut die GWG erstmals seit Jahrzehnten neu, wenn auch nur ein einziges Projekt: Den Wohnpark Altstadt, zwei Häuser mit je zwölf Wohnungen. Diese aber werden, sagt GWG-Vorstand Thomas Gerstmeier, barrierefreie Wohnungen – und bei diesen seien beim Umbau von bestehenden Häusern sehr schnell die Grenzen des Machbaren erreicht. Dabei gehe es  nicht nur um den Aufzug, oder um einzelne Hindernissen wie beispielsweise Türschwellen, sondern auch um Raumgrößen: „Um Barrierefreiheit herzustellen sind insbesondere Bäder und Flure häufig zu eng bemessen, damit etwa ein Rollstuhl wenden kann.“ Alles barrierefrei umzubauen, bedeute unverhältnismäßig großen Aufwand. Altbauten könne man in den meisten Fällen lediglich barrierearm umbauen und dies hätten sie selbst auch schon mehrfach getan, sagt Gerstmeier, aber dann blieben oft einzelne Hürden bestehen. Außerdem gebe es heute andere Vorstellungen davon, wie ein attraktiver Grundriss aussehe; so werde die Küche mehr und mehr zum zentralen Punkt der Wohnung, und das sei in bestehenden Häusern oft nicht umsetzbar. In die beiden neuen Häuser investiert die GWG etwa 2,7 Millionen Euro, im Frühjahr 2016 sollen sie fertig sein. Rund ein Jahr vorher seien gut Zweidrittel der Wohnungen reserviert.

Neubau im schrumpfenden Landkreis
Vierundzwanzig barrierefreie Wohnungen im ersten Neubau seit Jahrzehnten, das ist nicht die Bauwut, gegen die sich dieser Blog wendet. Doch 1.622 neu gebaute Wohnungen sprechen eine andere Sprache: Dies ist die Zahl für neun Jahre im gesamten Landkreis Spree-Neiße, zu dem Guben gehört. Dabei verlor der Landkreis seit der Wiedervereinigung etwa ein Viertel seiner Einwohner, rund 40.000 von 160.000! Trotzdem gibt es Wohnungs-Neubau – laut Statistik des Landes Berlin-Brandenburg für die Jahre 2005 bis 2013 entstanden 1.622 Wohnungen in neu gebauten Häusern. Davon sind 1.128 Einfamilienhäuser, also sicher auch so manches „Frühlingshaus“.
In diesen Neubauten wohnen etwa dreitausend Menschen, die stattdessen andernorts Leerstand verhindern würden. Immerhin 18,2 Prozent stehen 2013 leer, nennt der Verband der Wohnungsunternehmen BBU für seine Mitgliedsfirmen im Landkreis Spree-Neiße (Quelle hier, pdf öffnet direkt). Wieviele Wohnungen das aktuell im gesamten Landkreis bedeutet, ließ sich nicht exakt ermitteln, doch 2011 sollen es über fünftausend gewesen sein.

Bauverbot oder Moratorium in Spree-Neiße
Wäre das nicht der richtige Ort für ein Bauverbot? Oder formulieren wir es vorsichtiger: Wäre das nicht die richtige Region, um im Sinne des Wissenschaftlers Michael Kopatz vom Wuppertal Institut ein Wohnungsbau-Moratorium einzuführen, also einen zeitlich begrenzten Stopp des Neubaus, solange die Zahlen für Leerstand oder Einwohnerschwund in bestimmten Grenzen bleiben? Denn sonst wird es so weiterlaufen: Der Landkreis Spree-Neiße wird die nächsten zehntausend Einwohner verlieren, die nächsten tausend Wohnungen werden leerstehen oder sogar, finanziell gefördert, abgerissen – und gleichzeitig werden die nächsten hundert „Frühlingshäuser“ neu gebaut.

Um Mittel gegen die regionale Ungleichheit mit Boom hier, Schrumpfung dort geht es in 10 von 50 „Werkzeugen, die Neubau überflüssig machen“ des Buches „Verbietet das Bauen!“

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Ein Gedanke zu „Neubau in der Schrumpfregion

  1. Pelipal

    Das mit dem Umbau der Flure und Bäder auf ein „Behindertengerecht“ kann ich nur bestätigen. Wenn man die Normen bzw. Fördermittelvorschriften exakt umsetzt, könnt man wohl nur große Bäder auf behindertengerecht trimmen.
    Es wäre meistens schon geholfen eine große, ebenerdige Dusche in das Bad zu bringen.

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