Millionen Wohnungen könnten auf Supermärkten und über Parkplätzen gebaut werden, heißt es in einer neuen Studie des Pestel Instituts. Ist das Aufstocken von Gebäuden gutes, sündenfreies Bauen? Zweifellos ist es besser als andere Formen des Neubaus, und man kann eine lange Liste feiner Abstufungen erstellen vom bösesten Neubau zum freundlichsten Umbau. Ganz böse ist natürlich das Bauen auf der grünen Wiese, worüber sich so viele Menschen einig sind, dass es wundert, warum überhaupt noch darüber diskutiert wird. Aber derzeit wird rund um die Boomstädte sogar mehr als seit Jahrzehnten über den kompletten Neubau von Stadtvierteln vor der Stadt gesprochen, wie hier auf dem Bauverbot-Blog neulich anlässlich der Planungen für Freiburg und anderswo beschrieben. Und bei einem Bürgerentscheid wie in Freiburg ist es hilfreich, die „besseren“ Neubauten vorstellen zu können und zu zeigen, dass es nicht nur vor, sondern auch in den Städten Platz gibt.
Aber so richtig zufrieden macht das nicht, denn schon seit vierzig Jahren gilt es als fortschrittlich, für die sogenannte Innenentwicklung einzutreten – heute aber muss man aufpassen, bei den letzten Freiflächen in den Städten klarzumachen, dass es keine „Baulücken“ sind, sondern in Zeiten des Klimawandels wichtige kühlende grüne Flecken. Nun handelt die neue Pestel-Studie (Beschreibung und Download zum Beispiel hier) allerdings von einer noch schonenderen Neubauform, wo nicht nur in den Städten, sondern obendrein auf und über vorhandenen Häusern gebaut wird: Unten der einstöckige Supermarkt, darüber vier Etagen Neubau, wie beim Münchner Dantebad (Bild oben). Bei diesen und ähnlichen Neubau-Varianten sollten zweieinhalb Millionen Wohnungen entstehen können. Das gibt die Gelegenheit, aus „Verbietet das Bauen!“ zu zitieren:
Tatsächlich lässt sich die Grenze zwischen Umbau und Neubau manchmal schwer ziehen: Wie steht es mit dem Ausbau eines Dachgeschosses? Wer dabei vorhandenen Raum nutzbar macht, darf wohl von Umbau sprechen. Wer aber eine komplette Etage auf ein Haus setzt, macht einen Neubau auf dem Altbau. Nun ist gegen das Aufstocken vorhandener Häuser weniger zu sagen als gegen andere Formen
des Neubaus, denn das versiegelt keine neue Fläche. Trotzdem muss man aufpassen, wie viel Material und Energie es verbraucht, und ob der neue Raum etwa untere Etagen oder die der Nachbarn verschattet. Der Ausbau von Dachgeschossen mag die annehmbarste Form des Neubaus sein, aber auch hier ist das richtige Maß gefragt. Wenn jedes Haus aufgestockt wird, dann nimmt uns das Licht und Luft. (Verbietet das Bauen!, Seite 119)
Eigentlich liegt die beste aller Lösungen in der Pestel-Studie fast auf der Hand, wird dann aber doch nicht genannt. So heißt es dort über die Wohnhäuser von den 1950er bis zu den 1990er Jahren: „Lebten ehemals 3.000 bis 4.000 Personen in einem Quartier, so sind es heute häufig weniger als die Hälfte. Gründe dafür sind unter anderem die Auflösung der Mehrgenerationenhaushalte, die gesunkene Geburtenhäufigkeit sowie der Trend zum Singlehaushalten.“ Die Schlussfolgerung liegt für die Autoren aber darin, mehr zu bauen, und zwar auf den Dächern. Stattdessen befinden sich unter den Dächern Problem und Lösung zugleich: Fördern wir neue Formen des Mehrgenerationenwohnens und neue Formen des Räumeteilens und Zusammenwohnens, dann sinkt die Wohnfläche pro Person wieder, und der Platz reicht für alle.
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