Bauwut in Hamburg: Roter Stein und grüne Wiese

Elbphilharmonie Hamburg

Ein Text aus Anlass von zwei Veranstaltungen in Hamburg am 19.01. und 15.02. (siehe unten).

Man kann auch Gutes an Hamburgs Neubauten finden. Man kann sich zum Beispiel darüber freuen, dass ein renommiertes Architekturbüro eine neue Philharmonie entworfen hat, die schon Jahre vor ihrer Eröffnung zum neuen Wahrzeichen der Stadt wurde. Und man kann die handstreichartige Übernahme großer Flächen an der Elbe durch die Stadt bewundern, auf denen nun die HafenCity entsteht. Und dort gibt es einige architektonisch gelungene Bauten, in einer gewissen Mischung von Arbeiten, Einkaufen und Wohnen, und so kommt der Autor Til Briegleb in der Süddeutschen Zeitung zum Urteil, die HafenCity sei „eine urbane Erfolgsgeschichte – jedenfalls im Vergleich zu den allermeisten Stadterweiterungen aktuell in Deutschland.“ So gesehen hat er leider Recht: Anderswo ist es noch schlimmer, es entstehen „Klötzchensammlungen“ und „einfallslos gestaltete Schlafstädte“, wie Briegleb schreibt. Aber das macht die HafenCity noch lange nicht zum Vorbild, sondern sie bleibt trotz einiger guter Seiten ein Beispiel dafür, was Neubau heutzutage anrichtet und wie wenig er als „Städtebau“ bezeichnet werden kann.

Dabei geht es nicht einmal in erster Linie um die extreme Kostensteigerung bei der Elbphilharmonie, und es muss auch nicht die „rote Steinzeit“ aus Backsteinbergen herhalten, selbst wenn man nur wenige Schritte weiter beim Chilehaus sieht, was ein herausragender Baumeister mit dem Material leisten kann. Aber der Hauptgrund, warum dies nicht den Namen Städtebau verdient: Es ist keine Stadt entstanden. Es fehlt eine kleinteilige und behutsame Mischung der Funktionen, die stattdessen grob massiert werden. Da gibt es Unmengen Büros, da werden einige prestigeträchtige Kulturbauten hingesetzt, und dann wird ein Mega-Center in die Mitte geknallt (mehr zum Shopping-Center im Überseequartier hier). Freilich geht es noch schlimmer, aber es geht

Überseequartier Hamburg

Ein Vorgeschmack auf weitere Bauten im Überseequartier der HafenCity.

auch besser: das Französische Viertel Tübingen zeigt dies bereits seit bald zwei Jahrzehnten. Und wem das nicht großstädtisch genug ist, der kann an der Seestadt Aspern in Wien sehen, dass es auch eine neue Stadt ohne Center geben kann. Angesichts dieser Beispiele gibt es keine Ausrede für Planer und Politiker, sie wüssten nichts von besserem Bauen. Und darum gilt im Sinne des Buches: Lasst es bleiben.

Doch es wird mehr gebaut werden in Hamburg, in einem Maße, das wir seit langer Zeit nicht gesehen haben: Ein neuer Massenwohnungsbau droht. So entstehen in der „Neuen Mitte Altona“ bald 1.600 Wohnungen, und es sollen 3.500 Wohnungen werden. In Billwerder spricht man sogar von bis zu 7.000 Wohnungen, für um die 15.000 Menschen. Die CDU warnt, die SPD plant, so steht es im Abendblatt. Wenn man jemandem erklären möchte, was das sprichwörtliche Bauen „auf der grünen Wiese“ bedeutet, dann reicht ein Blick auf die Visualisierungen zum Baugebiet in Billwerder, wie sie eine Studie der Handelskammer Hamburg  zeigt. Das sind die Momente, in denen der Autor dieser Zeilen sich folgende persönliche Bemerkung erlaubt: Es ist gut, das Buch Verbietet das Bauen! geschrieben zu haben.

 

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Termine in Hamburg:
Dienstag, 19. Januar, 18.00 Uhr: „Streit? Gespräch! Brauchen wir eine Wohnungszwangs-wirtschaft?“ Diskussion mit Andreas Ibel, Airea GmbH Immobilien, Präsident des Verbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen; Moderation Sabine Rheinhold; Veranstalter: Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) Landesgruppe Nord, Hamburgische Architektenkammer; Ort: designxport, Hongkongstraße 8, 20457 Hamburg.
Montag, 15. Februar, 19.00 Uhr: Buchvorstellung und Diskussion in Hamburg, Veranstaltet vom Denkmalverein Hamburg mit freundlicher Unterstützung der Hamburgischen Architektenkammer. Ort: Warburg-Haus, Heilwigstraße 116, 20249 Hamburg, siehe hier.

Ein Überblick meiner Veranstaltungen auf der Webseite.

Die Elbphilharmonie ist eines der Beispiele für Skandalbauten in Kapitel 1 des Buches „Verbietet das Bauen!“ . Um angeblich sozialen Neubau von Wohnungen geht es in Kapitel 3, um Shopping-Center in Kapitel 12.

Ein Gedanke zu „Bauwut in Hamburg: Roter Stein und grüne Wiese

  1. Beatrice Isele

    Vorbild Hafencity?
    Als architektonischer Laie ist man doch immer wieder überrascht, wie viel schief gehen kann an Neubauten – als hätte man nicht große Erfahrung. Ich weiß nicht, wie aktuell es noch ist, aber ich erinnere mich an einen Artikel über Spinnen in der Hafencity – man baut neu, macht architektonisches Licht, lässt die Bäume weg – alles ganz schick und dann kommen die Spinnen; war nicht so geplant. Aber das nur am Rande aber vorbildlich? Wenn man die einfachsten Gesetze der Natur mal wieder ausspart?
    http://www.sueddeutsche.de/geld/spinneninvasion-in-der-hafenstadt-hamburgs-neue-hausbesetzer-1.38182

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