Das „Wir“ in der Willkommensstadt

Cover verschiedener Bücher

Das Willkommensstadt-Buch mit den wichtigsten als Referenz dienenden Büchern; es fehlt allerdings „Kalte Heimat“ des Historikers Andreas Kossert zur Geschichte von Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg.

Zum Willkommensstadt-Buch erschien auf dem Blog „Wem gehört die Welt?“ eine Rezension von Elisabeth Voß, die einige interessante Fragen stellt. Auch oder gerade weil sich die politischen Ansichten des Autors dieser Zeilen in mancher Hinsicht von denen der Rezensentin unterscheiden, lohnt es, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen, angefangen mit der Frage aus der Rezension, wer eigentlich mit dem „Wir“ gemeint ist, das in dem Buch so oft genannt wird. Denn in der Tat plädiere ich unter anderem dafür, „dass „wir“ zusammenrücken, Leerstand und individuelle Wohnflächen einschränken, damit ausreichend Wohnraum für alle entsteht“, wie die Rezensentin zusammenfasst. Selbstkritisch sei zugegeben, einige „Wirs“ hätten aus stilistischen Gründen wegfallen können; andererseits schießt die Rezensentin übers Ziel hinaus, wenn sie mutmaßt, das „Wir“ könne Weiterlesen

XXXL-Bauwut, zum Beispiel in Gera

Tisch

Da freuen sich alle um die Wette: Endlich soll man auch in Gera Möbel einkaufen können, auf insgesamt 36.000 neu zu bauenden Möbelmarkt-Quadratmetern in einem XXXL-Lutz und einem Mömax. Auf dem Foto in der Ostthüringer Zeitung sieht man die Bürgermeisterin Viola Hahn mit dem Expansionsleiter der XXXL-Gruppe und anderen freudig in die Kamera schauen, und da will auch die Zeitung selbst nicht zurückstehen und kommentiert, dass es nun gute Aussichten für Gera gebe. Schließlich wolle die XXXL-Gruppe über sechzig Millionen Euro investieren und über 200 Mitarbeiter beschäftigen, auf einem ehemaligen Kasernengrundstück nahe der Autobahnausfahrt Gera-Langenberg. Upps. Wer diese Zeilen liest und Gera kennt, wird nun aufhorchen. Einen Möbelmarkt nahe der Autobahnausfahrt Gera-Langenberg gibt es nämlich schon. Es geht um Möbel Rieger mit über 32.000 Quadratmetern, auf denen 150 Menschen arbeiten, wie zum Beispiel beim Besuch eines früheren Bürgermeisters zu lesen war. Was wohl aus diesen 150 Arbeitsplätzen wird, wenn einer der weltgrößten Möbelhändler gleich nebenan ein konkurrierendes Haus baut? Und was aus den Arbeitsplätzen in allen anderen Möbelläden in Gera wird, wenn hier ein XXXL-Möbelangebot dazukommt?
Nun soll die Politik natürlich nicht den einen Möbelhändler vor unliebsamer Konkurrenz des anderen schützen, doch sie soll durchaus Weiterlesen

Die Elbphilharmonie und andere aktuelle Kostenexplosionen

Elbphilharmonie am Hafen

„Die Elbphilharmonie sollte das Land Hamburg ursprünglich 77 Millionen Euro kosten, nun werden es ungefähr 789 Millionen; der Flughafen Berlin-Brandenburg dürfte am Ende bei fünf Milliarden Euro landen, vielleicht auch bei sechs, sieben oder acht.“ Mit diesem Satz beginnt das Buch „Verbietet das Bauen!“, und die Eröffnung der Elbphilharmonie am 11.01.2017 bietet den Anlass nachzuschauen, wie sich die Kosten der teuersten aktuellen Bauprojekte Deutschlands seit Erscheinen der Erstauflage im August 2015 verändert haben (alle Angaben ohne Gewähr nach öffentlich zugänglichen Quellen). Von den sechs Projekten, die auf Seite 14 des Buches stehen, haben sich inzwischen bei vieren die Kosten erhöht: Weiterlesen

Europäische Städte oder amerikanische Wahlergebnisse

Amerikanische Flagge am Times Square

Kein Text gegen die USA, sondern gegen amerikanisch zerrüttete Städte.

Der folgende Text erschien am 10.01.2017, zehn Tage vor dem Amtsantritt von Donald Trump, in der taz – die tageszeitung.

Der Streit um Bauen und Städte entzündet sich zwar an einzelnen Orten: ein Haus vor dem Abriss retten, einen Acker gegen Neubaupläne schützen, einen überteuerten Bahnhof bekämpfen. Doch hinter diesen scheinbar vereinzelten Diskussionen stehen grundsätzliche Werte und Ideale, die man mit einem Gegensatz beschreiben kann – amerikanisch oder europäisch. Diese Begriffe wenden sich nicht gegen die Amerikanerinnen und Amerikaner, nicht gegen die Menschen, die in den USA leben, sondern „amerikanisch“ benennt Entwicklungen, die dort bereits seit Jahrzehnten die Städte zerstören und das Zusammenleben verschlechtern, und die dazu beitrugen, dass sich viele von den Parteien und vom Staat verabschiedet haben.
Eines der schlimmsten Beispiele für den Niedergang der amerikanischen Städte ist Detroit.
Dort sank die Zahl der Einwohner von 1,85 Millionen auf etwa 700.000, zehntausende Häuser stehen leer, andere wurden abgerissen, und so gibt es mitten in Detroit sogar wieder Äcker und Wildtiere. Mit den in den USA üblichen Begriffen kann man sagen: Fast nur Schwarze leben heute in der Innenstadt von Detroit, fast nur Weiße in den Vororten rundherum. Diese scharfe Trennung nach Hautfarbe ist auch eine Folge beinahe panikartiger Reaktionen: Sobald in einer Straße einige Nicht-Weiße zuziehen, ziehen die ersten Weißen weg, und innerhalb weniger Jahre wechselt nahezu die gesamte Einwohnerschaft – wegen Vorurteilen und Rassismus, und aus Angst davor, das Stadtviertel kippe auch sozial und es verschlechtere die Chancen der Kinder, die dort aufwachsen. Neben der Hautfarbe prägt auch die soziale Spaltung die amerikanischen Städte; Wohlhabende verschanzen sich in abgesperrten Siedlungen, den „gated communities“, während manche Stadtviertel zu No-Go-Areas werden, wo man angesichts häufiger Verbrechen besser nicht hingeht. Irgendwo zwischen diesen Extremen liegen die amerikanischen Vororte, etwa Macomb County nördlich und Monroe County südlich von Detroit. Dort wohnen die Arbeiter der Autohersteller Ford und General Motors, sie fürchten um ihre Arbeitsplätze, mancher fürchtet den Zuzug von Schwarzen in sein Wohnviertel, mancher will aus Vorurteilen heraus nicht von einer Frau regiert werden, und sie wählten 2012 mehrheitlich Obama, aber diesmal Trump.

Ruhrgebiet statt Detroit
Auch in Deutschland gingen Weiterlesen

Neu: Die Bundesregierung jetzt mit mehr Bauwut vor den und in den Städten

Fotocollage vor und in den Städten Neubau

Wir finden Bauwut überall, ob im vorstädtischen Stil wie hier in Oberursel (links) oder als hochpreisige Wohnblocks wie in der Württembergischen Straße in Berlin, für die übrigens eine Kleingartenanlage weichen musste.

Wenn im Jahr 2016 das Baugesetzbuch geändert wird, nach Jahrzehnten des Redens über Nachhaltigkeit, nach Klimakonferenzen wie wenige Tage zuvor in Marrakesch, und ebenfalls wenige Tage nach der feierlichen Verabschiedung eines Klimaschutzplans 2015, dann sollte man meinen, die Änderungen könnten nur in eine Richtung gehen: Klima schonen, Boden schützen, weniger zersiedeln und weniger versiegeln. Doch genau das Gegenteil trifft zu, denn mit einem Doppelschlag heizt die Bundesregierung die Bauwut vor und in den Städten an. Vor den Städten darf nämlich nun schneller gebaut werden, anders gesagt Weiterlesen

Weniger ist anders: Blog gestartet

 

Logo des Suffizienzbogs "weniger ist anders"

Ausgerechnet zwei gelernte Architekten haben nun einen Blog gestartet, der sich mit weniger Bauen und anders Bauen beschäftigt: Bei weniger ist anders geht es um „Suffizienz und Baukultur“. Vom Mitinitiator Arne Steffen war hier bereits die Rede beim ebenfalls von ihm ins Leben gerufenen db-Suffizienzkongress. Das Grundthema dort und beim Blog ist die „Suffizienz“ als Ergänzung zur bereits allerorten verfolgten Effizienz, und ein Beitrag des neuen Blog stellt den Stand der Dinge bei Nachbarn vor, die Deutschland diesbezüglich weit voraus sind: bei den Schweizern. Die haben  das Ziel einer 2000-Watt-Gesellschaft formuliert und diskutieren, auf welchen Wegen man es erreichen kann.

Wie weit weg wir von solchen Diskussionen in Deutschland sind, schildert ein kritischer Blog-Beitrag zu KfW-Förderungen und Weiterlesen

Ökoroutine: Damit wir tun, was wir für richtig halten

Cover Buch Ökoroutine

Viele Jahre lang brauchten Fernseher, Radios oder DVD-Spieler sogar dann viel Strom, wenn sie nichts taten; der Stromverbrauch im Leerlauf überstieg bei manchen Geräten 40 Watt. Wer solche Geräte nicht wollte, musste sich selbst darum kümmern – es kam auf die Mühe und auf das moralische Handeln des Verbrauchers an, verschwenderische Geräte zu meiden. Doch das änderte sich schlagartig mit der sogenannten Ökodesignrichtlinie der Europäischen Union: Auf einmal sind nur noch 0,5 Watt erlaubt! Man kann also kaufen, was man will, und in Bezug auf den Leerlaufstrom fällt es auf jeden Fall leicht „zu tun, was wir für richtig halten“, so der Untertitel des Buches zur „Ökoroutine“ von Michael Kopatz. Er skizziert einen Umbau unserer Gesellschaft nach der Grundidee dieses Beispiels. Klare Regeln entlasten den Einzelnen bei seinen Entscheidungen, „sei es im Haushalt, beim Einkaufen oder im Verkehr“, so steht es Weiterlesen

Teures „Sparen“ beim Prestigeprojekt

Neue Messehalle Oldenburg

Die neue Halle der Weser-Ems-Messe in Oldenburg mag man schick finden, aber Geld spart sie nicht.

„Wenn sich ein guter Freund von Ihnen für 30.000 Euro ein nagelneues Auto kauft und behauptet, dabei spare er sogar Geld, weil der neue Wagen im Jahr 300 Euro weniger koste, dann schmunzeln Sie vielleicht nachsichtig, denn das Auto wird wohl kaum hundert Jahre halten.“ So beginnt 2011 ein Artikel von mir über den geplanten Neubau einer Messehalle in Oldenburg, auf den der Text diese Zahlen dann überträgt – aber um den Faktor 1.000 höher, denn über 30 Millionen Euro kostete die Halle dann tatsächlich, und im Gegenzug sollte der städtische Zuschuss um mehr als 300.000 Euro im Jahr sinken…
… aber: Überraschung, während der Prestigebau steht, klappte es mit dem Sparen doch nicht. Die heutige Nord-West-Zeitung berichtet stattdessen, dass 2015 sogar knapp eine Million mehr als geplant an die Messegesellschaft fließen sollen. Deren Geschäft wäre ohne hohe Zuschüsse ohnehin undenkbar, denn Weiterlesen

Von Blumen und Menschen: Wie das „Miteinander in Oldenburg“ gestört wird

Blumenbild

Man kann sich die Zahlen anschauen, die 14.000 Quadratmeter eines neuen Gartencenters vor den Toren Oldenburgs, das nun im Bauausschuss auf den Weg gebracht wurde, oder die gut zehn Millionen Euro, die dort zukünftig umgesetzt werden und dementsprechend anderswo fehlen, wie auf diesem Blog beschrieben (Text Diese Blumen freuen nicht). Man kann aber auch die Menschen anschauen, die davon betroffen sind: Die alteingesessenen Blumenhändler und Gartenbauer, denen ein großer Konkurrent vorgesetzt wird. Die sich dagegen gewehrt haben. Die sich – eigentlich Konkurrenten – zusammengetan haben in der Initiative „Miteinander in Oldenburg„. Und die nun als Zuhörer im Bauausschuss hilflos und wütend anhören mussten, wie eine schwarzrote Mehrheit das neue Gartencenter durchgewinkt hat und für die Sorgen der bestehenden Händler wenig Worte fand (oder darauf hinwies, dass das neue Center Weiterlesen

100% Bremen: Neues Volksbegehren zum Schutz der Freiflächen

Screenshot Bürgerinitiativen

Webseite der „Initiativen für Bremen“ mit dem Aufruf, Bauwahn zu beenden.

Wie sich Bürger nicht nur gegen Neubau wehren, sondern sich für Parks, Kleingärten und anderen Freiflächen einsetzen, schildert das Buch „Verbietet das Bauen!“ bislang so: „In Bremen fordert ein Bündnis von Bürgerinitiativen dazu auf, 99 (!) Freiflächen auf Dauer nicht zu bebauen. Nachdem sie 2014 über fünftausend Stimmen gesammelt hatten, lehnte der Bremer Senat das Volksbegehren aus rechtlichen Gründen ab, doch nun starten die Bürger einen zweiten Versuch.“ (Seite 59/60). Jetzt ist es so weit: die „Initiativen für Bremen“ sammeln erneut Unterschriften, um das Grün in der Stadt zu sichern.
Auch angesichts des Zuzugs der Flüchtlinge ernten Bürger manchmal heftige Kritik, wenn Sie sich für Bäume in ihrer Nachbarschaft einsetzen, für einen Park oder für einen Pfarrgarten, wie es Weiterlesen

Das Buch „Willkommensstadt“ ist da! Blick ins Buch

Cover Willkommensstadt vor Blume

22. August 2016: Seit heute ist das Buch „Willkommensstadt – wo Flüchtlinge wohnen und Städte lebendig werden“ erhältlich. Fördern Sie Ihren lokalen Buchhändler und erwerben es dort; alle Bestell-Informationen finden Sie hier.
Fast auf den Tag genau ein Jahr ist vergangen, seit am 24.08.2015 mein Buch „Verbietet das Bauen!“ erschien, und am 31.08.2015 sagte Angela Merkel auf der Sommer-Pressekonferenz „Wir schaffen das!“ Wie wir es schaffen, dass alle Flüchtlinge gut unterkommen und obendrein die Integration funktioniert, darum geht es bei der „Willkommensstadt“. Es ist zugleich eine gedruckte Antwort auf die meistgestellte Frage zum Bauverbot-Buch, ob nämlich dessen Thesen auch angesichts des Zuzugs vieler Flüchtlinge noch gelten.
Ganz anders ist jedoch die Grundstimmung des Willkommensstadt-Buches, denn es zeigt mit einer positiven Grundhaltung, was wir bereits geschafft haben und wie wir noch mehr erreichen können. Allerdings werden Probleme nicht verschwiegen – einen kleinen Eindruck von all dem bietet der folgende Blick ins Buch.
Er beginnt mit der Geschichte einer schwierigen Diskussion: Weiterlesen

Von Hannover bis Heringsdorf: Buch-Tour 2016 „Willkommensstadt“ und „Verbietet das Bauen!“

Screenshot Webseite Veranstaltungen

Ein Screenshot meiner Webseite www.daniel-fuhrhop.de mit dem Überblick aller Veranstaltungen.

Wenn das Buch Willkommensstadt am 22. August erscheint, beginnt eine Tour zu (aktuell) 17 Orten mit Vorträgen, Buchvorstellungen und Podiumsdiskussionen – und sie beginnt gleich am Dienstag, den 23. August in Hannover. Dort geht es allerdings vor allem um Bauen und Nichtbauen unter dem Titel „Jetzt wird`s eng: Wie viel Bauen verträgt die Stadt?“, also um Themen des Buches Verbietet das Bauen!; ähnlich läuft es am 24.08. in Lüneburg, und so wird es auf der gesamten Tour eine Mischung geben: Mal steht das eine Buch im Vordergrund, mal das andere, aber auf jeden Fall erwartet Sie ein inhaltlicher Schlenker zum jeweils anderen Titel.

„Reine“ Buchvorstellungen zur „Willkommensstadt“ gibt es in Berlin, Weiterlesen

Abriss für den Parkplatz

ehemaliges Hotel frontal

Das einstige Hotel Steuding am Bahnhof Diepholz steht leer, doch zwei Investoren wollten es sanieren und neu nutzen – aber die Stadt hätte hier lieber einen Parkplatz.

Man soll mit abgedroschenen Wörtern wie „Provinzposse“ vorsichtig umgehen, aber in diesem Fall scheint der Begriff zutreffend und ist noch freundlich gewählt: Ein ehemaliges Hotel direkt beim Bahnhof von Diepholz in Niedersachsen soll abgerissen werden, nicht etwa, um einem Neubau Platz zu machen, sondern für einen Parkplatz. Und das, obwohl es bereits konkrete Kaufinteressenten gab, die das Haus kaufen und renovieren wollten. Und obwohl das Haus Weiterlesen

Statt Neubau in Weimar: Bauhaus-Museum in den Eiermann-Bau Apolda!

Foto Eiermann Bau Apolda

Im Eiermann-Bau in Apolda gab es die Leergut Konferenz der Internationalen Bauausstellung Thüringen IBA – doch was kommt jetzt? (Foto: Thomas Müller)

Der Countdown läuft, denn am 22. August erscheint das neue Buch Willkommensstadt, zu dem es in Kürze mehr Informationen gibt und jetzt schon einige hier. Doch zuvor ein kurzer Rückblick auf die letzten Termine vor meiner Sommerpause und nach der erfreulichen Preisverleihung am 25. Juni für den Text zum Willkommensdorf, siehe hier.

Da ging es am 1. Juli zur Leergutkonferenz der IBA Thüringen mit vielen interessanten Vorträgen rund um Leerstand, und am Rande der Konferenz entstand eine Idee: Denn während man im von Leerstand geplagten Apolda mühsam nach Ideen für alte Häuser sucht, und während der wunderschöne Eiermann-Bau, Ort der Tagung (siehe Bild oben), seit vielen Jahren neue Nutzer sucht, wird gerade mal zehn Bahnminuten entfernt in Weimar einer von gleich drei Museums-Neubauten für das Bauhaus Weiterlesen

Ein erster Platz und ein zweites Buch: Vom Willkommensdorf zur Willkommensstadt

Fuhrhop bei Preisverleihung

Freude über den ersten Platz beim IREBS-Ideenpreis 2016 „Immobilien für eine alternde Gesellschaft“: Daniel Fuhrhop bei der Preisverleihung. Foto: Christina Althen, Studio².

Was tun mit verödenden Dörfern, aus denen die jungen Leute weggezogen sind und nur noch die Alten blieben, während Läden schließen und Häuser verfallen? Ideen für solche Orte, für schrumpfende Regionen und ihre Häuser, präsentierte Daniel Fuhrhop in einem Text zum „Willkommensdorf – wo Flüchtlinge wohnen und das Dorf lebendig wird“; und dieser Essay erhielt am 25. Juni den 1. Platz beim IREBS-Ideenpreis 2016 „Immobilien für die alternde Gesellschaft“. Bilder und Informationen zum Preis und zur Preisverleihung gibt es in einem Beitrag auf der Webseite von Daniel Fuhrhop, doch hier auf dem Blog soll es um die Ideen des Textes gehen – und um ein neues Buch zur „Willkommensstadt“, das am 22. August erscheinen wird. Weiterlesen

Blog und Blockade gegen Benko

Blow Up Bonn Fassade

Der Club soll raus, wenn es nach Investor Signa geht, der an diesem Ort in Bonn ohnehin am liebsten ein Shopping-Center bauen würde. Über dem Blow Up zog nun die Bürgerinitiative „Viva Viktoria“ ein.

Vor kurzem erst kam an dieser Stelle ein Bericht über den vermeintlichen Karstadt-Retter Benko (der allerdings deren Immobilien teilweise versilbert hat) und seine Absicht, in der Bonner Innenstadt ein Shopping-Center zu bauen, wogen die Bonner sich tapfer wehren. Nachdem die Signa-Gruppe nun langjährigen Mietern wie dem Club „Blow Up“ gekündigt hat, zog die Bonner Bürgerinitiative „Viva Viktoria“ kurzerhand selbst (als Untermieter) in eines der bedrohten Häuser ein, wie hier zu sehen. Sollten die Bürger etwa vorhaben, Benkos Politik der verödeten Häuser zu blockieren?

Von Bonn nach München: Dort ist Weiterlesen

Der Leserbrief, den das Deutsche Architektenblatt seinen Lesern vorenthalten will

Cover Deutsches Architektenblatt und "Verbietet das Bauen!"

Auf zwei Seiten hat das Deutsche Architektenblatt sich in der Mai-Ausgabe 2016 mit Pro und Contra mit meinem Buch „Verbietet das Bauen!“ beschäftigt, und das ist durchaus ehrenwert. Leider aber weigert sich das Magazin, meine Reaktion als Autor auf die geäußerte Kritik abzudrucken – hier ist sie:

Dass mein Buch „Verbietet das Bauen!“ Widerspruch weckt, überrascht nicht. Doch es verwundern die Contra-Argumente im Deutschen Architektenblatt: So heißt es sinngemäß, eine Bauverbot-Forderung sei egoistisch und nur im Sinne derjenigen, die bereits gut wohnten. Unzweifelhaft suchen viele Menschen Wohnungen, aber ist Neubau dafür die Lösung? Wenn es so wäre, dann hätten wir das Problem bereits gelöst, denn in den letzten zwanzig Jahren stieg die Zahl der Wohnungen um etwa sechs Millionen, obwohl die Einwohnerzahl sich kaum veränderte – aber trotzdem suchen vielerorts Menschen nach Wohnungen. Sollen wir nun etwa die nächsten sechs Millionen Wohnungen bauen, nur um wieder festzustellen, dass es nicht genug ist? Denken wir lieber darüber nach, was die Gründe für den Mangel sind, diskutieren über die Art und Weise unseres Wohnens und darüber, in welchen Städten wir leben möchten.

Denken wir zum Beispiel darüber nach, wie wir Weiterlesen

Benko bedroht Bonn

Baustellenbild Shopping-Center

„Blühende Landschaften“ versprach einst Helmut Kohl in den neuen Ländern, „blühende Städte“ versprechen Centermacher wie auf dem Bild in Duisburg – doch wenn man ihren Versprechungen nicht glaubt, werden sie böse, so wie jetzt die Signa-Gruppe in Bonn.

Passender könnte der Zeitpunkt nicht sein, mit dem Buch „Verbietet das Bauen!“ nach Bonn zu kommen (Vortrag am 19. Mai), denn was dort geschieht, übersteigt noch viele der darin geschilderten Machenschaften von Investoren an Rücksichtslosigkeit. Dabei hatte eigentlich alles gut ausgesehen für die Bürger: Als die Signa-Gruppe rund um René Benko drohte, ein Weiterlesen

Pro und Contra im Deutschen Architektenblatt: Ist Bauen Sünde?

Unter diesem Titel präsentiert das Deutsche Architektenblatt ein Pro und Contra zum Buch „Verbietet das Bauen!“: Der Architekt Michael Wilkens, Gründer der Baufrösche Kassel, schreibt das „Pro: Hört auf zu konsumieren!“. Dagegen argumentiert Roland Stimpel, Chefredakteur Deutsches Architektenblatt: „Contra: Diktatur der Erstarrung“.
Der Link zu beiden findet sich neben siebzig weiteren Medienberichten auf meiner Webseite, oder direkt hier.

Kein Neubau ist besser als das Französische Viertel Tübingen

Foto Französisches Viertel.

Unten Ladenlokale (zum Beispiel vorn rechts ein kleiner Gewerbebetrieb), oben Wohnungen, und am Straßenrand keine Autos: eine typische Straße im Französischen Viertel Tübingen.

„Wenn Neubau überall so aussähe wie im Französischen Viertel“, beginnt ein Satz auf Seite 52 des Buches Verbietet das Bauen!, und ganz ähnlich zitiert mich der Reutlinger General-Anzeiger in seinem Beitrag zu meinem Vortrag in Tübingen. Soweit ist das völlig korrekt, und auch ein weiteres Zitat meines Vortrags trifft zu, dass nämlich der Städtebau im Französischen Viertel „meilenweit besser als das, was sonst überall entsteht“ ist. Entscheidend ist aber, wie der einleitende Satz weitergeht – und da muss ich dem Reutlinger General-Anzeiger widersprechen, der mich so interpretiert, dass ich bereit sei, für Tübingen „eine Ausnahme zu machen“. Zwar sehe ich die Vorteile des Französischen Viertels, wo tatsächlich nicht nur eine reine öde Wohnsiedlung entstanden ist (oder ein Büroviertel), sondern ein Stück Stadt, wie bereits im Blog hier beschrieben. Aber bezüglich zweierlei Aspekten habe ich dann auch vor Ort bei meinem Vortrag doch Kritik geübt.

Zum einen ist leider selbst in Tübingen kein Neubau besser als das Französische Viertel, weil Weiterlesen

Milliarden für Neubau und das Grundgesetz ändern

Neubau Beispiel

Weil viele Flüchtlinge kommen, lässt sich derzeit schier endlose Förderung von Neubau durchsetzen. Im Bundestag wird nun das Gesetz für eine Sonder-Abschreibung behandelt, mit deren Hilfe Investoren in den ersten drei Jahren 35 Prozent absetzen können (statt sonst 6). Sonder-Abschreibung, erinnern wir uns da nicht an etwas? In der Tat, es gab sie bereits in den 1990er Jahren, um nach der Wiedervereinigung Investoren in die neuen Länder zu locken. Das hat auch geklappt, denn es wurde gebaut wie lange vorher und nachher nicht. Nur leider viel Unsinn, denn die hohen Abschreibungen lockten alle möglichen Anleger, die wenig bis gar nicht darauf achteten, was mit ihrem Geld gebaut wird – und so entstanden Wohnungen in Gegenden, aus denen die Menschen wegzogen. Zwanzig Jahre später scheint das vergessen, obwohl es lohnt, nochmal kurz Weiterlesen

Gegen Bauwut in Hamburg: Volksentscheid für Integration ohne Neubau

Tempelhofer Feld

Über 700.000 Berliner stimmten dafür, dass auf dem Tempelhofer Feld nicht gebaut werden darf. Ist das nun nicht mehr so wichtig, weil Flüchtlinge untergebracht werden müssen? Mehr dazu im Text.

Ein Text nicht nur aus Anlass der Buchvorstellung in Hamburg am 15.02. (siehe unten).

Einen Text über Bauen oder Nichtbauen in Hamburg mit einem Foto vom Tempelhofer Feld zu bebildern, ist kein Irrtum: Hier wie dort geht es derzeit darum, ob jetzt angesichts des Zuzugs der Flüchtlinge schnell und billig gebaut werden soll – und zwar überall, sogar in Landschaftsschutzgebieten in Hamburg und auf dem Tempelhofer Feld in Berlin. Dort hatte ein Bürgerentscheid dafür gesorgt, dass es als Freiraum erhalten bleibt, wie auf diesem Blog in vielen Beiträgen geschildert und auch im Buch „Verbietet das Bauen!“ thematisiert. Nun aber plant der Berliner Senat mehr und mehr Bauten für Flüchtlinge am Rande des Feldes, Provisorien, so heißt es; doch es bleibt die Befürchtung, dass mancher Politiker diese Gelegenheit nutzen möchte, die Niederlage der Neubau-Lobby beim Volksentscheid auszuhebeln. Nach Protesten wurden die Pläne geändert, aber trotzdem lässt das, was dort nun geplant ist, um die Chancen von Integration fürchten: bis zu 7.000 Flüchtlinge sollen auf dem Gelände unterkommen, wie etwa der Tagesspiegel berichtet.

Es ist genau diese Sorge, dass Integration scheitert, wenn tausende Flüchtlinge in eigens dafür errichteten Bauten untergebracht werden, die nun in Hamburg zu einem Volksentscheid führen wird. Gleich sieben Weiterlesen

Bauwut in Hamburg: Roter Stein und grüne Wiese

Elbphilharmonie Hamburg

Ein Text aus Anlass von zwei Veranstaltungen in Hamburg am 19.01. und 15.02. (siehe unten).

Man kann auch Gutes an Hamburgs Neubauten finden. Man kann sich zum Beispiel darüber freuen, dass ein renommiertes Architekturbüro eine neue Philharmonie entworfen hat, die schon Jahre vor ihrer Eröffnung zum neuen Wahrzeichen der Stadt wurde. Und man kann die handstreichartige Übernahme großer Flächen an der Elbe durch die Stadt bewundern, auf denen nun die HafenCity entsteht. Und dort gibt es einige architektonisch gelungene Bauten, in einer gewissen Mischung von Arbeiten, Einkaufen und Wohnen, und so kommt der Autor Til Briegleb in der Süddeutschen Zeitung zum Urteil, die HafenCity sei „eine urbane Erfolgsgeschichte – jedenfalls im Vergleich zu den allermeisten Stadterweiterungen aktuell in Deutschland.“ So gesehen hat er leider Recht: Anderswo ist es noch schlimmer, es entstehen „Klötzchensammlungen“ und „einfallslos gestaltete Schlafstädte“, wie Briegleb schreibt. Aber das macht die HafenCity noch lange nicht zum Vorbild, sondern sie bleibt Weiterlesen

Bauwut und Bruchbuden in Bayern

Arnulfpark München

So wie hier im Arnulfpark München sieht Neubau heutzutage oft aus. Alle Fotos: Daniel Fuhrhop.

Ein Text aus Anlass der Buchvorstellung „Verbietet das Bauen!“ am 12.01. in München (siehe unten).

Arnulfpark München: Wohnhäuser links, Bürohäuser rechts, dazwischen ein Streifen Grün – eine lebendige Stadt sieht anders aus. Münchner Mieten von zwanzig Euro und Kaufpreise von sechstausend Euro je Quadratmeter strafen all jene Lügen, die behaupten, Neubau sei sozial. Und wie wenig ökologisch Bauen ist, zeigen nicht nur die zugebauten ehemaligen Bahnflächen beim Arnulfpark und am Hirschgarten, sondern auch die 85 Hektar Baugebiet in München-Freiham exakt am Stadtrand. Doch trotz dieser abschreckenden Beispiele: Käme Bayern wirklich ohne Neubau aus angesichts des Zustroms neuer Bewohner und Firmen?

Aber nicht ganz Bayern boomt, sondern vor allem die Region München und einige Großstädte wie Regensburg, Ingolstadt und Nürnberg; und sogar in diesen Boomstädten ist noch Platz: Weiterlesen

Flüchtlinge als Anlass: Kredite für Neubau in der Schrumpfregion?

Eine kleine Meldung ergänzt die jüngsten Texte dieses Blogs zur Unterbringung von Flüchtlingen und die Argumente des Buches Verbietet das Bauen! zur Bekämpfung der regionalen Ungleichheit: Das Land Brandenburg erhält als erste Region der EU einen Kredit, um Unterkünfte für Flüchtlinge herzurichten, steht zum Beispiel hier. Genau genommen gibt die EU dem Land Geld, das dann seinen Kommunen Kredite gibt – und die dürfen damit durchaus auch den Umbau fördern, etwa von leerstehenden Plattenbauten. Aber das Geld ist ebenso für Neubau einsetzbar, und zwar ohne regionale Beschränkung im ganzen Land Brandenburg, wie die Förderbank ILB bei den Konditionen ausführt. Im ganzen Land Brandenburg… war da nicht etwas? Handelt es sich da nicht um eines der Bundesländer, wo in manchen Landkreisen über Weiterlesen

Platz für Flüchtlinge

Leerstehendes Haus in Bad Kreuznach

Ein leerstehendes Haus in Bad Kreuznach, zum Abriss vorbereitet.

Wir können die Flüchtlinge in vorhandenen Häusern unterbringen, hieß es im vorigen Beitrag zum ZEIT-Artikel „Flüchtlinge brauchen keinen Neubau“. Doch wieviel Platz bieten Altbauten wirklich? Wie groß die Reserven sind, macht ein Gedankenspiel deutlich: Es gibt gut vierzig Millionen Wohnungen hierzulande. In der Nachkriegszeit lag die Wohnfläche in Deutschland bei 15 Quadratmeter pro Person, heute sind es 45 Quadratmeter. Nehmen wir einmal an, wir würden auch nur ein Zehntel raumsparender wohnen, dann wären wir immer noch weit von der Enge der Nachkriegszeit entfernt, und würden dennoch vier Millionen Wohnungen freiräumen, in denen zehn Millionen Flüchtlinge Platz fänden. Die Werkzeuge, um diesen Raum zu gewinnen, lauten Zusammenrücken, Zusammenziehen und Umziehen.

Zusammenrücken

Schon jetzt nehmen viele Menschen Flüchtlinge in ihren Wohnungen auf. Sie räumen dafür Zimmer, die sie nicht unbedingt benötigen: Bei manchen zogen die Kinder aus und die Räume standen leer, andere haben kaum genutzte Musikzimmer, Werkräume oder Gästezimmer. Der Wohlstand machte es möglich, wenig darauf zu achten, wieviel Platz wir wirklich brauchen. Früher war Untermiete üblich, zum Beispiel indem ältere Alleinlebende junge Studierende beherbergen. Heute haben Eigentümer es nicht Weiterlesen

Flüchtlinge brauchen keinen Neubau

Cover Zeit

Blick auf die Ausgabe der ZEIT vom 10. Dezember mit dem Artikel, um den es im Folgenden geht.

Ein Begleitwort zu meinem aktuellen Beitrag in der ZEIT.

Im Frühjahr gingen zwischen dem Verlag und mir die letzten Änderungen für das Buch „Verbietet das Bauen!“ hin und her, Ende August 2015 ist es erschienen – und seitdem werden nahezu im Wochentakt die Fragen häufiger, ob die Thesen auch angesichts des Zuzugs der Flüchtlinge Bestand haben. Dass so viele Menschen jetzt nach Deutschland kommen, hat natürlich auch mich überrascht, und so geht es mir wie wohl allen Fachleuten in den Kommunen, in Politik und Verwaltung, in der Immobilienbranche und rund um Architektur, Bauen und Stadtplanung: Ich frage mich, wie wir die Flüchtlinge schnell und gut unterbringen können. Müssen wir dafür nun schnell, viel und billig neu bauen? Reichen die Reserven in den Altbauten? Wie groß sind diese Platzreserven überhaupt? In einem Beitrag in der ZEIT vom 10.12. suche ich nach Antworten auf diese Fragen und schildere die aktuellen Entwicklungen in der Diskussion um Bauen und Nichtbauen, Abriss und Leerstand. Eines sei vorab gesagt: Die Frage der Flüchtlinge Weiterlesen

Befreiung vom Überfluss des Bauens

Bücher "Verbietet das Bauen!" und "Befreiung vom Überfluss"

Drei Jahre jung und schon ein Klassiker: „Befreiung vom Überfluss“ von Niko Paech. Ebenso im oekom Verlag erschienen, aber erst im Herbstprogramm 2015: „Verbietet das Bauen!“ von Daniel Fuhrhop. Wie sich die Inhalte der beiden Bücher berühren, darum geht es im folgenden Text.

Aus Anlass des Vortrags zu „Verbietet das Bauen!“ in der Ringvorlesung Postwachstumsökonomie in Oldenburg am 9.12.2015 ein Text zu Bauen und Nichtbauen in den beiden Büchern Verbietet das Bauen! und Befreiung vom Überfluss.

Warum sind wir so wohlhabend? „Die enormen Steigerungen des materiellen Wohlstandes seit Beginn der Industrialisierung beruhen allein auf ökologischer Plünderung“, schreibt Niko Paech in seinem Buch zur Postwachstumsökonomie (Seite 56). Wenn wir uns von dieser Art des Wirtschaftens verabschieden, so argumentiert er, dann wäre dies eine „Befreiung vom Überfluss“ – wir gewönnen an Lebensqualität, indem wir zum „menschlichen Maß“ zurückkehren, so die Worte von Leopold Kohr und Friedrich Schumacher. Die Produktion von Gütern würde sinken, schreibt Niko Paech weiter, und der Einsatz menschlicher Arbeitskraft würde sich verschieben: „Handwerkliche und manuelle Tätigkeiten“ könnten „im Anschluss an die eigentliche Produktion dazu beitragen, dass die Güter länger genutzt und ausgeschöpft werden. Mittels eigener Instandhaltungs-, Pflege- und Reparaturmaßnahmen ließe sich die Nutzungsdauer der Produkte verlängern“ (Seite 60). Dieser Gedanke lässt sich auf Gebäude übertragen: Je weniger wir neu bauen, desto mehr Weiterlesen