Was heißt schon Verkaufsfläche?

Grafik Kassen und Laden

Manche Investoren hätten es wohl gern, dass lediglich die Kassen als „Verkaufsfläche“ betrachtet werden, denn nur dort wechseln Geld und Ware ihre Besitzer.

Schon seit langem nutzen Investoren den nicht eindeutig festgelegten Begriff der „Verkaufsfläche“, um Ihre Pläne herunterzuspielen: So zeigte Walter Brune bereits in seinem 2006 erschienenen Klassiker „Angriff auf die City“ anschaulich, wie bei der Planung eines Shopping-Centers in Düsseldorf Bilk eine ganze Reihe von Flächen als „nicht zur Verkaufsfläche gehörend“ markiert wurden – „Einrichtungsgegenstände im rückwärtigen Bereich ohne Verkaufsfunktion“, oder auch große Ausstellungsvitrinen sowie „reine Kassenzonen und Nachkassenzonen“. Mit wohl ähnlicher Absicht, aber genau umgekehrt ging aktuell der Cima-Gutachter Martin Kremming vor, als er zur Diskussion um ein 13.000-Quadratmeter-Gartencenter in Oldenburg beim Bauausschuss sprach, worüber hier unlängst berichtet wurde. Die Nordwest-Zeitung schreibt nämlich, dass Herr Kremming die geplante Verkaufsfläche auf „nur 8400 Quadratmeter“ bezifferte; weitere 5590 Quadratmeter seien „Kalthallen und Freiflächen mit saisonabhängiger Produktion“, so die Zeitung. Wenn in einem Gartencenter Hallen mit Pflanzen nicht geheizt werden, warum sollten diese dann nicht zur Verkaufsfläche gehören? Und wenn die zum Verkauf stehenden Blumen und Sträucher sich je nach Saison unterscheiden, was ändert das dann daran, dass sie verkauft werden sollen?

Aber erlauben wir uns ruhig einmal das Gedankenmodell und folgen der Argumentation: Wenn man es ganz genau betrachtet, dann wird ja tatsächlich auf der größten Fläche eines jeden Ladens nicht verkauft, sondern nur ausgestellt, denn Geld zückt der Kunde schließlich erst an der Kasse. Ganz im Gegenteil zu den Investoren beim oben genannten Düsseldorfer Center dürfte man dann also die Kassen nicht aus der Verkaufsfläche rausrechnen, sondern allein die Kassen wären Verkaufsfläche im engeren Sinn! Alles andere aber wäre so gesehen nichts als eine Ausstellung – bei einem Ikea-Markt handelte es sich eigentlich um eine Kunstgewerbe-Schau mit zeitgenössischen Möbeln, neben der sich – ganz klein! – eine Verkaufsfläche in Form von Kassen befände. Und das besagte Gartencenter böte den Oldenburgern im Grunde genommen eine botanische Pflanzenschau, die nichts mit schnödem Geldverdienen zu tun hätte, sondern eher der Umweltbildung dient, und darum Fördergeld aus dem Kultur- und Umwelthaushalt bekommen sollte.

Um noch ein ernsthaftes Wort anzufügen: Es ist ja durchaus denkbar, dass ein Stadtrat die Meinung vertritt, die bestehenden Gartenbetriebe müssten sich auch neuer Konkurrenz stellen, so dass man neue Verkaufsfläche nicht verbieten könne. Aber das würde doch nicht bedeuten, dass die Stadt die Konkurrenz überhaupt ermöglichen muss, indem sie ihr ein städtisches Grundstück verkauft. Genau das aber wird derzeit in Oldenburg diskutiert – manche Stadtpolitiker erwägen, drei Hektar an den Investor zu verkaufen. Am kommenden Montag, den 29. Juni, soll der Stadtrat dazu entscheiden.

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