Milliarden für Neubau und das Grundgesetz ändern

Neubau Beispiel

Weil viele Flüchtlinge kommen, lässt sich derzeit schier endlose Förderung von Neubau durchsetzen. Im Bundestag wird nun das Gesetz für eine Sonder-Abschreibung behandelt, mit deren Hilfe Investoren in den ersten drei Jahren 35 Prozent absetzen können (statt sonst 6). Sonder-Abschreibung, erinnern wir uns da nicht an etwas? In der Tat, es gab sie bereits in den 1990er Jahren, um nach der Wiedervereinigung Investoren in die neuen Länder zu locken. Das hat auch geklappt, denn es wurde gebaut wie lange vorher und nachher nicht. Nur leider viel Unsinn, denn die hohen Abschreibungen lockten alle möglichen Anleger, die wenig bis gar nicht darauf achteten, was mit ihrem Geld gebaut wird – und so entstanden Wohnungen in Gegenden, aus denen die Menschen wegzogen. Zwanzig Jahre später scheint das vergessen, obwohl es lohnt, nochmal kurz zurückzublicken auf das Erbe jener Zeit: Auch weil so viel neu gebaut wurde und weil zugleich weniger dort leben, haben wir danach viel Steuergeld in die Hand genommen, um 300.000 Wohnungen im Osten abzureißen, „so viele gibt es in Eisenach, Erfurt, Gera, Jena und Weimar zusammen“ heißt es auf Seite 66 des Buches „Verbietet das Bauen!“ Andererseits wurden in den neuen Ländern eine Million Wohnungen neu gebaut – und wie im Zauberspiel passen die Zahlen zusammen und enthüllen die Absurdität, denn rund 700.000 Wohnungen stehen leer. Und dann das Geld…

Der sogenannte Stadtumbau Ost samt Abriss kostete etwa zweieinhalb Milliarden Euro, und jetzt sind wir drauf und dran, eine ähnliche Summe auszugeben: Die Ministerien schätzen, dass die neue Bauförderung durch Sonder-Abschreibung uns ebenfalls über zwei Milliarden Euro kosten wird.
Gebaut wird dadurch aber nicht, was Flüchtlinge oder was allgemein wenig Verdienende brauchen, denn gefördert wird jeglicher Neubau. Kosten von bis zu 2.200 Euro je Quadratmeter dürfen die Investoren absetzen, bis zu 3.000 Euro je Quadratmeter dürfen sie kosten und da sind die Grundstückskosten noch nicht mit drin – also werden es bis zu 4.000 Euro je Quadratmeter in Großstädten. Solche Zahlen klingen nur in München niedrig.

Grundgesetz ändern
Vielleicht ahnt ja in den Ministerien mancher, dass das Ergebnis nicht ganz so sozial sein wird, selbst wenn jetzt die Neubau-Förderung als soziale Pflicht dargestellt wird. Und darum möchte Bauministerin Hendricks zusätzlich viel Geld in den sogenannten sozialen Wohnungsbau stecken – nicht 500 Millionen, sondern eine Milliarde jährlich, oder vielleicht auch zwei. Aber in unserem System des „sozialen Wohnungsbaus“ müssen Investoren sich immer nur verpflichten, für einen bestimmten Zeitraum Mieten niedriger zu halten, nach meist fünfzehn Jahren ist Schluss mit dem Sozialen (siehe Verbietet das Bauen!, Seite 50). Egal, jetzt muss es einfach sein, denn wer würde etwas gegen das Soziale haben? Und damit das Bundesministerium frei schalten und walten und Geld ausgeben kann, sollen wir nun das Grundgesetz ändern. Erst 2006 ging nämlich die Kompetenz für „sozialen Wohnungsbau“ an die Länder, und das hätte das Bundesbauministerium nun gern teilweise zurück.

Zu allem Überfluss wohnen in den teuer bezuschussten Sozialwohnungen nicht allein diejenigen, die niedrige Mieten besonders nötig haben. Über die Hälfte sind falsch belegt, heißt es in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Die Mieter hatten mal wenig Geld, nun aber haben sie mehr – das ist ja grundsätzlich erfreulich. Doch wer mehr Geld verdient, sollte mehr Miete zahlen, und das klappt nicht in jedem Bundesland.

Das Sozialste wäre es, unsere vorhandenen Häuser anders und besser zu nutzen – dafür stehen uns jene „50 Werkzeuge, die Neubau überflüssig machen“ zur Verfügung, die das Buch „Verbietet das Bauen!“ auflistet. Sie umzusetzen kostet sicher nur einen Bruchteil der Fördermilliarden.

 

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